Newsletter 30

Sunday, October 27, 2019 by Extinction Rebellion

Intro

Pinke Kissen und Pfefferspray - Rückblick auf die Oktober-Rebellion Teil 1

In dieser ersten von mehreren Ausgaben schauen wir gemeinsam zurück auf die Oktober-Rebellion. Damit können wir euch etwas ausführlicher Bericht erstatten über die Dinge, die in der Hitze des Gefechts möglicherweise nicht ausreichend erklärt, geschrieben, geteilt oder veröffentlicht wurden.

Ohne Zweifel ist XR während der Rebellion weltweit gewachsen - in Zahlen, Intensität, Kreativität und Sichtbarkeit, und auch hinsichtlich der Prominenz ihrer Unterstützer. So haben Adelige, Schauspielende, Journalisten und Abgeordnete sich mit XR nicht nur auf ihren Plattformen solidarisiert, sondern sich im Zuge der Rebellion sogar selbst verhaften lassen.

Während dieser Zeit haben Rebellinnen in vielen Ländern ihre Superkräfte im zivilen Ungehorsam weiterentwickelt und neue kreative Taktiken angewandt. In dieser Ausgabe werden wir sehen, wie z.B. zwischenstaatliche Solidarität Aktivistinnen einen Vorteil verschaffen konnte (siehe Slowakei und Tschechische Republik).

Gleichzeitig haben wir auch gesehen, wie die Polizei ihre Reaktion auf XR verschärft hat, oftmals auf schockierende und brutale Weise. Viel mehr noch als bei der April-Rebellion wurde zunehmend brachiale Kraft eingesetzt, um die Verleugnung des Umwelt- und Klimakollapses aufrechtzuerhalten. Die Rebell*innen lassen sich davon jedoch nicht beeindrucken, selbst wenn sie sich einer Öffentlichkeit gegenübersehen, die immer noch größtenteils über die Krise in Unwissenheit ist (z.B. Tschechische Republik, Italien). In dieser Ausgabe ist ein ganzer Abschnitt den weltweiten Polizeireaktionen auf die Rebellion gewidmet.

Mittlerweile hat die entscheidende Phase begonnen, in der die Akteure der Rebellion für ihre Handlungen Verantwortung übernehmen müssen. Und damit meinen wir nicht nur die mutigen Verhafteten: Wie wir unten sehen werden, haben auch Prozesse gegen Polizeiübergriffe in Belgien und Großbritannien begonnen. Dabei ist es auch an der Zeit, wo nötig, Entschuldigungen auszusprechen. Zum Beispiel durch einen aufrichtigen Brief von XR Belgien an die Öffentlichkeit und die Rebell*innen, die in die Polizeiaktion verwickelt waren.

Dieser zurückblickende Newsletter beinhaltet auch längere Texte und Bilder, die noch intimer davon berichten, wie Rebell*innen die Oktober-Rebellion in ihren Ländern erlebt haben. Wir sind getroffen von der puren Menschlichkeit der Hungerstreikenden in Italien, dem Schmerz einer 14-jährigen Rebellin in der Slowakei, brutal von der Polizei von ihrem Kleber fortgerissen - und der Sorge auf den Gesichtern der Menschen um sie herum.

Die oft berührenden Fotos zeigen ein ganzes Spektrum an Emotionen - Erstaunen, Wut, Entschlossenheit, Verspieltheit. Eine Erinnerung an unsere komplexe, aber doch geteilte Menschlichkeit.

Dabei machen die Beiträge in diesem Newsletter etwas deutlich: Das, was wir während der Proteste an Unschuldigkeit verloren haben mögen, haben wir an zahlenmäßiger Stärke, an Entschlossenheit, Fähigkeit und Solidarität dazugewonnen.

Egal, was die Zukunft für uns bereithält: Wir sind jetzt eine internationale Gemeinschaft und wir werden nicht aufhören, bis wir die Veränderungen sehen, die wir brauchen.

Falls du mithelfen möchtest, lies unseren Leitfaden und erfahre mehr über XR.

Um Rebellen in deiner Nähe zu finden, kontaktiere deine nächstgelegene XR Gruppe. Falls es keine gibt, starte einfach eine eigene!

Hier geht’s zu den vorherigen Newsletter-Ausgaben.

In dieser entscheidenden Phase der Menschheitsgeschichte braucht unsere Rebellion mehr denn je finanzielle Unterstützung, um sicherzustellen, dass unsere Nachricht gehört wird. Wir schätzen jeden noch so kleinen Beitrag.

Inhalt

  • Aktions-Highlights
  • Rückblick
  • XR-Inhalte
  • Humans of XR

Aktions-Highlights

Diese Stadt schläft nie...

20.-25. Oktober | London, Großbritannien

Oktober war ein unfassbarer Monat für die britischen Rebell*innen. Und für viele, die emotional und körperlich alles gegeben haben, ist es nun an der Zeit für eine wohlverdiente Ruhephase.

Einige machen allerdings direkt weiter, mit innovativen und kraftvollen Protesten.

Am Sonntag hat sich eine kleine Gruppe von ihnen die Sachen auf dem Boden der National Portrait Gallery ausgezogen und sich von anderen mit unechtem Öl übergießen lassen. In der Gallerie ist der BP Portrait Award zu Hause, eine Ausstellung finanziert durch den Öl- und Gaskonzern Beyond Petroleum. Die Aktion machte auf die tragische ökologische Zerstörung aufmerksam, die durch Bohrungen und Öl- und Gaskatastrophen großer Unternehmen wie BP verursacht wird.

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Am folgenden Tag forderten XR Familien und Pädagogen das Bildungsministerium auf, "die Wahrheit zu sagen" und die Klimakrise in die Schullehrpläne aufzunehmen.

"Die Umwelt- und Klimakrise wird das Leben jedes einzelnen Kindes beeinflussen", sagte ein Rebell, "aber es fällt ihnen schwer, das Thema ernst zu nehmen, wenn es in ihrer Bildung so gut wie keine Rolle spielt."

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Kleine Rebell*innen brachten zum ersten Mal ein Love-In ins Maritime Museum. Singend zeigten sie Solidarität mit Familien in aller Welt, die bereits von den Folgen der Klimakrise betroffen sind, vor allem im globalen Süden. Außerdem besuchten sie unser neues Polly Higgins-Boot und gedachten Pollys Kampf um die Anerkennung von Ökozid als Straftat.

Rückblick

Im Oktober ist viel mehr passiert als wir berichten konnten. Diese Woche liefern wir euch deshalb Zusammenfassungen und Reflektionen zu weltweiten Rebell*innen-Aktionen. Die Rebellion jeden Landes hat ihre eigenen Höhe- und Tiefpunkte, ihren eigenen Charakter. Lies weiter, um dich inspirieren zu lassen!

Ein Schock für die politische Kultur in Frankreich

5.-13. Oktober | Paris, Frankreich

Mit der Oktober-Rebellion konnte XR sich mit den französischen Medien, der Politik und einem Großteil der Bevölkerung bekanntmachen. Diese spektakuläre Vorstellung sollte schließlich mehr Rebell*innen anheuern und disruptive und dramatische Aktionen hervorbringen.

Der massenhafte, friedliche zivile Ungehorsam sandte zweifellos eine Schockwelle durch das politische und kämpferische Milieu im Land von "La Grande Revolution". Die politischen Forderungen und Taktiken von XR sind vielen anderen Protestbewegungen in Frankreich kulturell fremd, besonders denen der radikalen Linken.

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XR's Abschied von "traditionelleren" Protestformen und ihre politische Botschaft riefen Kritik von sozialen und anti-autoritären Bewegungen, öffentlichen Kommentatoren und Intellektuellen hervor. Diese verdienen es auf jeden Fall, gehört zu werden, selbst wenn sie eine gewisse reaktionäre Haltung innerhalb der französischen Linken selbst offenbaren.

Am Ende könnte die Kritik XR Frankreich helfen, zu reifen und eine nützliche Inspiration für andere soziale Bewegungen im Land darstellen.

In der Tat hat die Oktober-Rebellion sowohl XR Frankreich als auch anderen Bewegungen wie den Gelbwesten die Möglichkeit gegeben, größere Effekte zu erzielen - strategisch, hinsichtlich ihrer politischen Ziele und ihrer Kommunikation.

Während in den ersten Tagen bereits erste Allianzen geformt wurden, ist jetzt die Zeit reif, darüber nachzudenken, wie künftig noch erfolgreicher miteinander zusammengearbeitet kann.

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Angesichts der Aufgabe, die vor uns liegt, müssen wir uns vielleicht eingestehen, dass wir das ganze Spektrum an Taktiken brauchen werden, um unser gemeinsames Ziel zu erreichen: das schädliche System zu überwinden, was für die Krise der heutigen Generation verantwortlich ist.

Hier findest du eine ausführliche Analyse und Stellungnahme zur Kritik der französischen Rebellion.

Die tschechische Rebellion: Angeschlagen, aber niemals am Boden

07.-12. Oktober | Prag, Tschechische Republik

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Am Samstag befanden sich die tschechischen Rebell*innen bereits am 12. Tag ihrer wochenlangen Rebellion und es sollte zugleich der Tag werden, an dem sie zwei ihrer kühnsten Aktionen durchführten.

Die Demonstrierenden besetzten den Wenzelsplatz, einen von Prags belebtesten Orten, um ein Samstagsfestival voller Live-Musik, Theater und Workshops über den ökologischen Kollaps und die Klimakrise abzuhalten. Auf einer Schnellstraße formten währenddessen etwa 200 Rebell*innen eine Blockade, um den Nachmittagsverkehr der Hauptstadt lahmzulegen. Mindestens acht von ihnen klebten sich an die Straße.

Der Polizei gelang es, die Blockade in weniger als 15 Minuten aufzulösen, allerdings nur unter Einsatz von Gewalt. Dabei wurde eine Frau mit heißem Wasser verbrüht (weil die Polizeiangestellten dachten, dies würde den Kleber lösen), eine andere erlitt erhebliche Prellungen, als sie weggeschleppt wurde, und einem 14-jähriges Mädchen wurde Haut an der Hand abgerissen. Sie klebte an einem anderen Rebellen, als die Polizei, welche unvorbereitet und gänzlich unbekannt mit dieser Praktik schien, die beiden einfach auseinanderriss.

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Als sie zu weinen anfing, versuchte ein medizinisch ausgebildeter Rebell ihr zu helfen, aber die Polizei hatte die Straße bereits abgesperrt und ließ niemanden mehr durch. "Wir haben unsere eigenen Sanitäter", war die Antwort.

Am Ende kamen dann die Sanitäter und waren erschrocken, weil sie zunächst dachten, die Hand des Mädchens würde sich durch die Chemikalien des Klebers zersetzen. In Begleitung ihrer Mutter wurde sie dann umgehend in ein Krankenhaus gebracht.

Während der Fahrt bekam das Mädchen dann eine Vorladung wegen eines geringfügigen Vergehens und wurde ein paar Stunden später wieder freigelassen.

Die meisten Demonstrierenden wurden weit länger festgehalten. Insgesamt gab es 130 Verhaftungen, welche die Polizei deutlich überforderten. Die Beamt*innen entschieden sich, alle nachheinander in einer improvisierten Zone an der Straße abzufertigen, einschließlich der Minderjährigen und Verletzten.

Die 25 Rebell*innen, von denen die Polizei bereits durch vorherige Aktionen Ausweisdaten im System hatten, wurden festgenommen und zur lokalen Polizeistation gefahren. Letztendlich wurden sie noch in der Nacht freigelassen, müssen allerdings mit erheblichen Geldstrafen rechnen.

Jene Rebell*innen, deren Ausweise nicht bei anderen Aktionen registriert worden waren, wurden verwarnt und freigelassen, nach 5,5-stündiger Wartezeit an der Straße. Sie sangen immer wieder, um sich gegenseitig aufzumuntern.

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XR Tschechische Republik wurde gegründet von einer fantastischen Gruppe von ungefähr 400 engagierten Aktivist*innen. Dennoch haben sie die öffentliche Meinung nicht wirklich auf ihrer Seite, teilweise aufgrund von feindseligen kommerziellen Medien, die falsch über Aktionen berichten und die Klimakrise als Nebensache abtun.

Durch ihr Samstagsfestival und andere Events konnten die tschechischen Rebell*innen jedoch im Laufe der Woche viele neue Mitglieder gewinnen. Doch sie wissen auch, dass noch sehr viel Arbeit nötig ist, um ein Umdenken im Land zu erreichen.

Die slowakische Rebellion: Im Stillen wird Geschichte geschrieben

07.-12. Oktober | Bratislava, Slowakei und Prag, Tschechische Republik

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Am Montag, dem 07. Oktober, für viele Rebellinnen weltweit der erste Tag ihrer Rebellion, gehen 20 slowakische Aktivistinnen morgens hintereinander über einen Zebrastreifen am Wirtschaftsministerium in Bratislava.

Doch anstatt ihn zu überqueren, bleiben sie stehen und blockieren ihn. Dabei werden zwei große handgemalte XR-Banner für den wartenden Verkehr ausgerollt.

Die Menschen in ihren Autos schauen zunächst amüsiert und sind unsicher, was vor ihnen vor sich geht. Ein Busfahrer fängt an, wütend zu werden, fährt seinen Bus dichter an die Rebell*innen heran und gestikuliert und schreit ihnen hinter seiner Windschutzscheibe etwas zu. Glücklicherweise ist die siebenminütige Blockade vorbei bevor es zu Gewalt kommen kann und die Demonstrierenden geben die Straße frei.

Der Verkehr fließt wieder und weit und breit keine Polizei zu sehen. Es scheint, als wäre nichts passiert. Aber die strahlenden Rebell*innen wissen es besser: Dies war ihre allererste Protestaktion. Und dies war das allererste slowakische Ausschwärmen. Dies waren sieben Minuten Geschichtsschreibung!

Später benachrichtigen die Rebell*innen die nationalen Medien über diesen Meilenstein. Danach geben sie ein Seminar über die Umwandlung von Küchen- und Badezimmerabfällen in Gartenkompost. Das Presseinteresse hält sich allerdings in Grenzen, nur eine Zeitung berichtet am nächsten Morgen über die Protestaktion.

XR Slowakei existiert erst seit wenigen Monaten und so ist die Mitgliederzahl noch überschaubar. Dennoch gab es mutige und schnelle Aktionen während der Rebellionswoche. Am Mittwoch, dem 09. Oktober, fuhren 70 Aktivist*innen auf Fahrrädern durch Bratislawa, vorbei an mehreren Ministerien, und beeinträchtigten den Verkehr. Wieder gab es keinen Polizeieinsatz und keine Verhaftungen.

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Am nächsten Tag fuhren zwölf Rebell*innen nach Prag, um ihre tschechischen Schwestern und Brüder zu treffen. Sie nahmen alle an der Samstagsblockade teil, bei der fast 200 Mitglieder von der Polizei eingekesselt und zwei Frauen sowie ein Mädchen verletzt wurden.

Die anderen Nationalitäten der slowakischen Rebell*innen waren in diesem Fall hilfreich. Durch den zusätzlichen Verwaltungsaufwand beim Verarbeiten der Ausweise konnte die überstrapazierte Polizei sie nicht festnehmen. Stattdessen verbrachten sie ihre letzte Nacht der Rebellion am Straßenrand, wo sie mit ihren tschechischen Kameraden bis zu deren Freilassung 5,5 Stunden bei Gesang ausharrten.

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Mittlerweile planen sie bereits ihre nächsten Aktionen, die in den nächsten Wochen stattfinden sollen. So wie XR Slowakei selbst werden diese vielleicht klein, aber ambitioniert und professionell organisiert sein. Und dieses Mal werden sie mit Sicherheit die Medienaufmerksamkeit bekommen, die ihnen zusteht. Und die der Polizei ebenso. Für die Slowakei wird das historisch sein.

Die Rom-Rebellion: Fahrräder, Lügen und Videoaufnahmen

07.-13. Okober | Rom, Italien

Nach ihrer Lieblingsaktion der Woche gefragt, antwortet ein Rebell vom römischen Medienteam lächelnd: "Die Kritische Masse. 150 von uns sind auf ihren Fahrrädern durchs Zentrum der Stadt gefahren und haben den Verkehr für drei Stunden blockiert."

Die italienische Polizei kannte den Startpunkt der Aktion und folgte dem Schwarm an Fahrrändern in zwei großen Wagen, als diese über rote Ampeln fuhren und die Stadt zum Stillstand brachten. Verhaftungen wurden allerdings nicht getätigt - bisher gab es tatsächlich noch keine einzige davon für XR-Rebell*innen in Italien.

"Die Polizei filmt einfach nur unsere Gesichter", sagt ein Rebell aus Rom. "Die ganze Woche lang, bei insgesamt sieben großen Aktionen, hat die Polizei lediglich zugeschaut, gewartet und Teilnehmer gefilmt."

Der öffentliche Zupruch von Michael Stipe, Frontsänger von REM, der Rom für eine Kunstmesse besuchte, wurde zwar von den Medien aufgegriffen, aber die eigentliche Aufmerksamkeit richtete sich auf die XR-Hungerstreikenden, die sich auf den Platz vor dem italienischen Parlament gesetzt hatten.

Von den 15, die angefangen hatten, hielten es 10 die ganze Woche durch. Am Ende waren sie gezwungen, ihren Streik aufgrund von Gesundheitsbedenken zu beenden. Aber durch den Einsatz einiger solidarischer Abgeordneten bekamen sie immerhin Besuch von Italiens Umweltminister Sergio Costa.

Der Politiker hörte den Hungerstreikenden zu, allerdings nur für eine Minute. Er hatte einen wichtigeren Punkt auf seiner Agenda für dieses Treffen: sich der versammelten Presse zuzuwenden und sein "Notstandsgesetz für das Klima" zu loben, welches am Tag zuvor gesetzlich verankert wurde.

Doch wie so viele andere Gesetze, die von Regierungen in aller Welt unter großem Getöse verabschiedet wurden, steckt wenig Inhalt hinter dem Namen. Während zwar Maßnahmen zum Kampf gegen das Plastikproblem beschlossen und Besitzer*innen älterer Fahrzeugmodelle finanzielle Anreize zum Kauf umweltfreundlicherer Varianten bekommen sollen, findet sich nichts zum Thema CO2-Emissionen, Verbrauch fossiler Brennstofe oder Flugverkehr.

Trotzdem ist es ein Erfolg, dass die Hungerstreikenden überhaupt die Aufmerksamkeit der Medien auf sich ziehen konnten. Meistens ignorieren italienische Medien die Umwelt- und Klimakrise nämlich und erst Recht die Bemühungen von Extinction Rebellion, sie hervorzuheben.

Eine große Mehrheit der Bevölkerung weiß nicht, dass es ein Klimaproblem gibt, geschweige denn das Ausmaß. Während der Aktionen in der Hauptstadt bekamen die Demonstrierenden hauptsächlich Zuspruch von Touristen.

XR Italien besteht nur aus ein paar hundert engagierten Rebell*innen, aber die Rebellionswoche hat Wunder bewirkt - zum einen, was Fähigkeiten angeht, die durch Workshops weitergegeben wurden, und was die Bindungen angeht, die durch Protestaktionen entstanden sind. Das Vertrauen und die Kameradschaft zwischen den rebellischen Römern hat sich verstärkt und im ganzen Land entstehen nun täglich neue Gruppen.

Eins steht fest: Die Polizei wird noch weit mehr Videos filmen müssen.

Eine Rückblende auf Brüssel

12.-13. Oktober | Brüssel, Belgien

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Viele von uns waren geschockt von den Ereignissen am Samstag, 12. Oktober, als über 400 friedliche Rebell*innen brutal am ersten Tag ihres Protestes geschlagen, durchnässt, mit Pfefferspray attackiert und verhaftet wurden.

Offizielle Stellen in Brüssel haben mittlerweile eine Untersuchung wegen unrechtmäßigem Verhaltens der Polizei eingeleitet. Mittlerweile gibt es vier unabhängige Disziplinarverfahren im Zusammenhang mit möglicherweise übertriebener und inakzeptabler Gewaltanwendung.

Einer der Rebellen, die dabei waren, sagte: "Es ist schwer zu beschreiben, wie es ist, Pfefferspray ins Gesicht zu bekommen. Ich kann sagen, es ist die Hölle. Alles brennt und du bist komplett desorientiert. Du kannst nicht mehr gucken, riechen oder atmen."

"Es ist, als ob dir jemand einen Cocktail aus Tabasco und Bleichmittel den Hals runterkippt. Und es gibt nichts, was du dagegen machen kannst. Wasser macht es nur schlimmer. Du kannst einfach nur abwarten."

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Aber seid unbesorgt, Extinction Rebellion wird die Ergebnisse der Polizeiuntersuchungen natürlich genauestens im Auge behalten. XR-Sprecherin Linde Polfliet war am 15. Oktober im Fernsehen, um unsere friedlichen Werte zu erläutern und die krimellen Handlungen der Polizei zu verurteilen.

XR Belgien hat außerdem ein starkes Statement veröffentlicht über die "fahrlässige und sinnlose Brutalität der illegalen Polizeiaktion, die einen wunderschönen und inspirierenden Nachmittag ziviler Kooperation zerstört hat".

Das Statement ist gleichzeitig eine Entschuldigung an alle XR-Mitglieder und Mitglieder der Öffentlichkeit, die in den "Albtraum, den wir erlebt haben" verwickelt wurden. Es ehrt den unbeugsamen Geist derjenigen, die sich für ihre Ziele eingesetzt haben und endet mit der Erinnerung, dass "das System, von dem wir alle Teil sind, Angst hat. Es hat keine Ahnung, was es tun soll (...). Es braucht unsere Hilfe, um voranzuschreiten. Es braucht uns."

Hier kannst du dir das vollständige Statement durchlesen.

Taten statt Worte

Eine Übersicht über die internationalen Polizeireaktionen auf die Oktober-Rebellion

Unsere Oktober-Rebellion hat so viele verschiedene Reaktionen hervorgerufen: Energie und Aufregung bei neuen Rebellinnen in der ganzen Welt, Liebe und Gemeinschaftsgefühle bei wiederkehrenden Rebellinnen, Neugier bei Passanten, Murren bei grimmingen Londonern in Eile, aber auch ein neues Level an Einschüchterung und Aggression auf Seiten der Polizei.

In London hat die Polizei zugeschlagen, bevor die Rebellion überhaupt begann, indem sie ein großes XR-Lager stürmte. Dabei beschlagnahmte sie Ausrüstung, unter anderem gefährliche pinke Kissen, und führte Verhaftungen durch. In den folgenden Tagen beschlagnahmte sie weiter alle möglichen Gegenstände von Rebell*innen, z.B. Essen und Zelte.

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In echter rebellischer Manier tauchten daraufhin überall in London pinke Kissen auf und die Rebellion war wieder da. Aktivistinnen trotzten den Polizeiagressionen, selbst als diese einen Tiefpunkt erreichten und wehrlose Rebellinnen ins Visier nahmen. So wurden Rollstühle und weitere Ausstattung eingezogen, die Rebell*innen mit Behinderung ihren Protest ermöglichten.

Unfähig, den Geist der Rebellion zu zerstören, reagierte die Polizei mit immer drakonischeren Maßnahmen, die einer Einschränkung des Demonstrationsrechts gleichkamen. Sie begannen damit, Proteste am Trafalgar Square zu verbieten und weiteten diese Anordnung dann auf alle XR-Aktionen in London aus.

Greta tweetete dazu: "Falls es gegen die Regeln ist, gegen den ökologischen Kollaps und die Klimakrise auf die Straße zu gehen, müssen die Regeln gebrochen werden."

Das unverhältnismäßige, stadtweite Verbot der XR-Proteste ging allerdings nach hinten los. Es mobilisierte Unterstützung von all denjenigen, die fanden, dass dies eine gefährliche Entwicklung darstellte, darunter Amnesty International, die das Verbot als "schaurig und unrechtmäßig" verurteilten.

Der Vorsitzende der britischen Grünen, Jonathan Bartley, und Journalist George Monbiot waren unter den Verhafteten, die sich dem Verbot am nächsten Tag widersetzten. Ob das Verbot überhaupt legal war, wird aktuell am High Court entschieden.

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Leider ist Großbritannien nicht das einzige Land, wo Politiker, statt gegen die Umwelt- und Klimakrise vorzugehen, versuchen, die friedlichen Proteste zu stoppen.

In Australia hat das Parlament von Queensland das Anketten von Gegenständen kriminalisiert und Polizeibefugnisse ausgeweitet, kurz nachdem die Polizei sich Kritik wegen Leibesvisitationen und der Auferlegung extremer Haftbedingungen ausgesetzt sah.

In Deutschland und Spanien wurde über die Anwendung von Schmerzgriffen berichtet, während friedliche Proteste in Brüssel mit Polizeigewalt beantwortet wurden, die weit über das hinausging, was man bisher kannte.

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Diese extremen Reaktionen auf nicht-gewalttätige Demonstrierende zeigt, dass die Mächtigen Angst und Panik bekommen. Ihre Versuche, XR zu ignorieren oder zu verunglimpfen, sind fehlgeschlagen und so realisieren sie langsam, dass wir eine Kraft des Wandels sind.

Der Weg nach vorne braucht jedoch keine drakonischen Schritte in Richtung Polizeistaat ohne zivile Grundrechte - alles, was nötig ist, ist Handeln im Angesicht des ökologischen Notstands und der Klimakrise.

XR-Inhalte

Humans of XR

"Ich finde, dass nicht genug getan wird. Das hier scheint zwar wie ein riesen Witz oder ein Albtraum zu sein, aber das ist es nicht. Es ist die Realität. Ich wollte einfach alles tun, was in meiner Macht steht, um diese furchtbare Realität zu ändern. Ich denke, ich würde es bereuen, nichts getan zu haben.

Ich glaube, hier (City of London) ist genau der richtige Ort, um das zu tun. Ich studiere Wirtschaft und habe ein sehr starkes Gefühl, dass sich etwas ändern muss. Die Banken sollten ihre Ressourcen in Projekte mit erneuerbaren Energien stecken, womit Jobs geschaffen werden. Es ist nicht nur, dass sie das nicht tun, sie stecken in ihrem kurzfristigen Denken und ihren Quartalsberichten und ihrem Shareholder Value und all diesen Dingen fest. "

Für mich war es ziemlich schwer, weil ich eine Studentin aus dem Ausland und deshalb früher viel geflogen bin. Dann dachte ich mir, wenn ich der Meinung bin, dass wir uns in einer Krise befinden, warum fliege ich dann noch? Also hab ich aufgehört zu fliegen und schaue mittlerweile nach Alternativen, wie zum Beispiel Züge nach Hause nach Hong Kong.

Ich konsumiere jetzt so viel weniger und ich habe gemerkt, dass mich das zu einer glücklicheren Person macht. Ich bin inmitten einer Betonwüste aufgewachsen und mir wurde beigebracht, dass Shopping Spaß macht, aber ich habe mir nie die Zeit genommen, mal herauszufinden, was mich wirklich glücklich macht. Ich denke, das gilt für viele Menschen, es liegt einfach an der Kultur, in der wir aufwachsen."

Wir erhalten tolle menschliche Geschichten und würden auch gern deine hören. Um mehr zu lesen - oder deine eigene zu schreiben - tritt unserer Facebook-Gruppe bei.

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Über die Rebellion

extinction rebellion ist eine selbstorganisierte, dezentralisierte, internationale und politisch unabhängige Bewegung, die gewaltfreien zivilen Widerstand einsetzt, um Regierungen dazu zu bewegen, auf gerechte Art und Weise auf die ökologische Krise und den Klimanotstand zu reagieren. Die Menschen in unserer Bewegung kommen aus allen Lebensbereichen und bringen auf unterschiedliche Weise ihre Zeit und Energie ein. Wahrscheinlich gibt es eine lokale Gruppe ganz in deiner Nähe, und wir würden uns freuen, von dir zu hören. Mach mit …or erwäge eine Spende zu machen.